Die Rotpunkt-Aktion in Herford - eine unvollständige Chronologie (6)

 

 

6. Einfach durchgewinkt

Montag, 6. April/Dienstag, 7. April. Ab 5 Uhr 30 sind die Rotpunktler wieder auf den Beinen, um den Ersatzverkehr zu organisieren. Fast ist es schon Routine geworden, auch wenn die frühe Stunde für manchen ungewohnt ist. Aber es gilt, auch die Arbeiter rechtzeitig zu ihrer ersten Schicht zu befördern.

Auch das kühle Regenwetter kann den Enthusiasmus nicht nachhaltig beeinflussen, führt allerdings zur Entscheidung, ab Dienstag ein Zelt auf dem Alten Markt aufzustellen, in dem sich die Helfer ab und an aufwärmen und trocknen können. Nicht nur am Alten Markt, auch an anderen innerstädtischen Haltestellen sind Helfer aktiv - ebenso wie in Bad Salzuflen, Bünde und weiteren umliegenden Orten.

Der Hauptausschuss der Stadt Herford tritt an diesem Montag ebenfalls zusammen und fordert einstimmig die Rücknahme der Tariferhöhung vom EMR. Außerdem erklärt sich die Stadt Herford bereit, etwaige Verluste im Busverkehr mit abzudecken. Auch die FDP und die Kreishandwerkerschaft stellen sich hinter die Rotpunkt-Aktion.

In Herforder Betrieben wird für die Rotpunktler gesammelt; ein Unternehmen spendet 500 Liter Benzin für die "Linienfahrzeuge". Die Sympathien für die Aktion in der Bevölkerung wachsen ständig; von einem Nachlassen der Solidarität ist nichts zu spüren.

Am Dienstagmorgen, es regnet immer noch, wird das Zelt auf dem Alten Markt errichtet. Ein kleiner Kocher sorgt für heiße Getränke und Suppen, mit denen sich die Aktiven stärken können. Gerd Ruebenstrunk erinnert sich:

"Kurz vor Mittag kam der Geschäftsführer des Kaufhauses Köhler vorbei und erklärte, wir könnten uns im Supermarkt seines Hauses kostenlos mit Lebensmitteln versorgen. Wir sind dann zu zweit in den Laden gegangen und haben einen Einkaufswagen mit Suppen, Fertiggerichten in Dosen und Getränken vollgeladen. An der Kasse wurden wir dann einfach durchgewinkt. Das war schon ein komisches Gefühl; so wie wir aussahen, wären wir sonst wahrscheinlich pausenlos vom Ladendetektiv verfolgt worden - und jetzt konnten wir eine ganze Fuhre Sachen einfach so mit rausnehmen."

Die pausenlosen Verlautbarungen der Parteien zur Unterstützung der Aktion bringen das Aktionskomitee dazu, eine Erklärung herauszugeben, in der es heißt: "Wir betonen, dass wir nicht gewillt sind, die Aktion "Roter Punkt" als Wahlkampfplattform irgendeiner Partei ausnutzen zu lassen. Wir lassen es nicht zu, dass die Parteien ihre Interessen dem Aktionskomitee "Roter Punkt" aufzwingen."

30.000 rote Punkte sind inzwischen im Kreisgebiet verteilt worden; viele Freiwillige fahren regelmäßig mit ihren Privatwagen die Haltestellen ab. Der Spendenfluss reißt nicht ab. Nur das EMR lässt sich dadurch nicht beeindrucken und erklärt, der Aufsichtsrat werde erst in der kommenden Woche zusammentreten, um über die Lage zu beraten.




   

Alter Markt

 

Rotpunkt-Fahrzeug